Ausbildung ­zur Industrie­kauffrau Erfahrung

Sophie, 20

Ausbildung zur Industriekauffrau

3. Lehrjahr

Sophie, welchen Schulabschluss hast du?
Bis zur zehnten Klasse war ich auf einem Gymnasium und habe während eines Praktikums im Einzelhandel herausgefunden, dass Verwaltungsaufgaben voll mein Ding sind. Mir war recht schnell klar, dass ich erstmal nicht studieren will und deshalb auch kein Abitur brauche. Ich habe dann an einem Berufskolleg mein Fachabitur im Fachbereich Wirtschaft und Verwaltung gemacht. Dass das die richtige Entscheidung war, hat sich auch schnell an meinen Noten gezeigt. Schon auf dem ersten Zeugnis am Berufskolleg hatte ich als Notendurchschnitt eine 1,5.

Stand für dich sofort fest, dass du Industriekauffrau werden willst?
Ich wollte auf jeden Fall eine anspruchsvolle Ausbildung anfangen, mit der ich später viel machen kann. Während meines Fachabiturs habe ich einen Termin bei einer Berufsberaterin in der Schule gemacht. Sie hat mir drei verschiedene Ausbildungen vorgeschlagen: Automobilkauffrau, Bankkauffrau und Industriekauffrau. In den ersten beiden Ausbildungsberufen hatte ich auch schon mal ein Praktikum gemacht, die Arbeit fand ich aber nicht so spannend. Bei der Ausbildung zur Industriekauffrau wusste ich erst gar nicht, was genau man dort macht. Ich habe mich informiert und festgestellt, dass es super zu mir passt. Also habe ich mich beworben.

Wie bist du auf deinen jetzigen Ausbildungsbetrieb aufmerksam geworden?
Über den Newsletter der Agentur für Arbeit habe ich Infos über freie Ausbildungsplätze als Industriekauffrau bekommen. Ich wollte gerne in einem großen Unternehmen in der Nähe arbeiten und habe mir dann einfach die Stellenangebote rausgesucht, die mir am besten gefallen haben. Es waren ungefähr fünfzehn bis zwanzig Bewerbungen, die ich verschickt habe. Nicht immer habe ich von den Unternehmen etwas gehört. Als sich die Low and Bonar GmbH gemeldet hatte, war ich total glücklich.

Was genau macht das Unternehmen?
Die Low and Bonar GmbH ist ein mittelgroßes Unternehmen, das PVC-beschichtete Planstoffe herstellt und weltweit tätig ist. Hier in Hückelhoven sitzen die Verwaltung und die Produktion. Es gibt aber auch noch Standorte in Fulda und in Tschechien.

Wie lief die Bewerbung?
Ich musste gemeinsam mit circa 30 anderen Bewerbern einen Einstellungstest machen. Zwei Wochen später wurde ich dann auch schon zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Ich war total aufgeregt, weil ich den Ausbildungsplatz unbedingt haben wollte. Aber es lief zum Glück alles sehr gut und wieder etwa zwei Wochen später kam der Anruf, dass mich das Unternehmen gerne als Azubi haben möchte.

Wie waren die ersten Wochen für dich?
Es war natürlich erstmal alles neu und sehr aufregend. Die ersten drei Tage wurde ich mit meiner Mitauszubildenden eingearbeitet. Es ging um bürokratische Dinge, wir haben aber auch eine Sicherheitsunterweisung erhalten und viel über das Unternehmen erfahren. Natürlich durften wir auch Fragen stellen. Am dritten Tag wurden wir durch die Firma geführt. Als es dann so richtig losging, sind wir erst einmal in die Poststelle/Musterzimmer gekommen. Dort schneiden wir kleine Muster zu, die wir unter anderem zur Ansicht an Kunden versenden. Da konnte ich einen Monat lang die Waren kennenlernen.

Und wie ging es weiter?
In der Ausbildung wechselt man immer wieder die Abteilungen. In den kleineren bleibt man ungefähr einen Monat, in den größeren aber auch länger. Im Labor zum Beispiel habe ich einen Monat lang die Waren getestet und überprüft, ob sie der Norm entsprechen. Im Verkauf war ich sechs Monate. Dort hatte ich viel mit Kunden zu tun und mich um die Auftragsabwicklung gekümmert. Im Einkauf musste ich mehrere Monate lang die Bestände prüfen und gucken, wann wie viel neu bestellt werden muss. Die Logistik und die Disposition sind die zwei Abteilungen, die ich noch kennenlerne.

Was war bislang das schönste Ereignis, an das du dich erinnerst?
Zwei Monate vorm Ausbildungsstart, haben die Azubis des Unternehmens einen Kennenlerntag organisiert. Wir waren Bowlen. So konnte ich ein paar meiner zukünftigen Kollegen schon mal treffen. Vorab ein paar der neuen Gesichter sehen zu können, war echt schön. Ein halbes Jahr später gab es nochmal einen Azubi-Ausflug. Da waren wir Lasertag spielen – das hat zum einen echt viel Spaß gemacht und zum anderen hat es uns alle nochmal total zusammengeschweißt.

Wie läuft das mit der Berufsschule?
Ich habe mittwochs und freitags Berufsschule. Am Mittwoch habe ich bis ein Uhr Schule und gehe danach noch bis halb vier arbeiten. Am Freitag geht die Schule bis zwei Uhr und dann ist zum Glück auch schon Wochenende für mich.

Und welche Fächer werden dort unterrichtet?
Ein Fach ist zum Beispiel Steuerung und Kontrolle, dabei geht es um Rechnungswesen und Kosten- und Leistungsrechnung.  Im Fach Geschäftsprozesse geht es generell eher um alle Abläufe im Unternehmen. Und dann gibt es noch Wirtschafts- und Sozialprozesse, da lernen wir viel über rechtliche Dinge. Nebenfächer wie Deutsch, Sport, Religion und Politik und Englisch stehen ein halbes Jahr bis anderthalb Jahre auf dem Stundenplan.

Was muss man für deine Ausbildung mitbringen?
Ich sitze viel im Büro, darauf muss man sich einstellen. Wer gar keine Lust auf Computerarbeit am Schreibtisch hat, wird sich nicht wohl fühlen. Englischkenntnisse sind wichtig, weil viele Industrieunternehmen weltweit tätig sind. Aber auch wirtschaftliches Denken und das Interesse für kaufmännische Vorgänge sind von Vorteil. Sehr wichtig sind Kommunikationsfähigkeit und Teamarbeit. Bei mir im Unternehmen arbeiten ungefähr 220 Menschen, ich habe mit dementsprechend vielen Leuten zu tun.

Was würdest du Schülerinnen und Schülern, die kurz vorm Schulabschluss stehen, gerne sagen?
Sie sollen unbedingt Praktika machen, um sicher zu sein, dass die Ausbildung etwas für sie ist. Und gut ist es, wenn man viel Arbeit in die Bewerbung steckt. Ich habe, obwohl ich in der Schule viel über Bewerbungen gelernt habe, meine Lehrer und meine Familie immer nochmal drüber schauen lassen. Nur so kann man wirklich sichergehen, dass die Bewerbung inhaltlich gut ist und auch die Rechtschreibung passt.